Es wird immer all­täg­li­cher, dass wir nicht mit Men­schen, son­dern direkt mit Gerä­ten kom­mu­ni­zie­ren. Auch im Tele­mo­ni­to­ring gewin­nen Chat­bots an Bedeu­tung. Wel­che Rol­le spie­len die digi­ta­len Hel­fer für die Zukunft des Tele­mo­ni­to­ring? Eine Ein­schät­zung von SHL-Geschäfts­­­füh­­rer Linus Drop.

Die Inter­ak­ti­on mit Gerä­ten fin­det im Tele­mo­ni­to­ring teil­wei­se schon heu­te über Chat­bots und Sprach­as­sis­ten­ten statt. In den aktu­el­len Behand­lungs­pro­gram­men von SHL Tele­me­di­zin kom­men bei­spiels­wei­se Tablets zum Ein­satz, die kom­plett per Sprach­steue­rung bedien­bar sind. Davon pro­fi­tie­ren vor allem älte­re Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, die mit tech­ni­schen Gerä­ten sonst viel­leicht nicht so gut klar­kom­men wür­den. Erfah­run­gen aus ver­schie­de­nen Tele­­mo­­ni­­to­ring-Pro­­gram­­men bestä­ti­gen das.

Digitale Helfer unterstützen Telemonitoring im Alltag

Die­se Sprach­as­sis­ten­ten sind als Ent­las­tung im All­tag gedacht. Bei­spiels­wei­se kön­nen sie täg­li­che Sym­ptom­fra­ge­bö­gen durch­füh­ren. Jen­seits der Rou­ti­ne­auf­ga­ben set­zen wir im Chat heu­te noch ganz bewusst auf mensch­li­che Ansprech­per­so­nen, die sich um kom­ple­xe Fra­gen küm­mern. An ande­rer Stel­le sind dafür schon intel­li­gen­te Chat­bots in der Erpro­bung. Die­se kön­nen einer­seits Stan­­dard-Abläu­­fe unter­stüt­zen, mit­hil­fe künst­li­cher Intel­li­genz (KI) kön­nen sie aber auch eigen­stän­dig auf die bereit­ge­stell­ten Infor­ma­tio­nen reagie­ren und so wei­ter­ge­hen­de Auf­ga­ben erle­di­gen.

Projekt Timely: Chatbots übernehmen das Telemonitoring

Die Ent­wick­lung sol­cher intel­li­gen­ten Chat­bots für das Tele­mo­ni­to­ring wird bei­spiels­wei­se im For­schungs­pro­jekt Time­ly vor­an­ge­trie­ben. Die Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät Dres­den, die Uni­ver­si­tät Witten/Herdecke und wei­te­re Orga­ni­sa­tio­nen aus fünf euro­päi­schen Län­dern tes­ten hier ein erwei­ter­tes Tele­mo­ni­to­ring per Chat­bot. Der Chat­bot schöpft dabei nicht nur aus vor­be­rei­te­ten Fra­gen und Ant­wor­ten, son­dern kann durch einen selbst­ler­nen­den KI-Algo­ri­th­­mus auch auf sol­che Situa­tio­nen reagie­ren, die nicht im Vor­feld defi­niert sind. Im Tele­mo­ni­to­ring bedeu­tet das, dass der Chat­bot theo­re­tisch in der Lage sein könn­te, eigen­stän­dig die The­ra­pie zu beein­flus­sen. 5,7 Mil­lio­nen Euro inves­tiert die EU-Kom­­mis­­si­on in das Pro­jekt, um die­se Form des Tele­mo­ni­to­ring wei­ter­zu­ent­wi­ckeln.

Chatbots verbessern Zugang zum Telemonitoring

Ob das Vor­ha­ben gelingt, erfah­ren wir erst in zwei Jah­ren – Time­ly läuft noch bis 2024. Schon jetzt wis­sen wir aller­dings, dass Chat­bots im Tele­mo­ni­to­ring einen wert­vol­len Bei­trag leis­ten. Die Sprach­as­sis­ten­ten und Chat­bots, die bei SHL im Ein­satz sind, ent­las­ten täg­lich das Per­so­nal in den Tele­me­di­zin­zen­tren. Die geschul­ten Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter kön­nen sich des­halb ver­stärkt mit Warn­mel­dun­gen und Inter­ven­tio­nen befas­sen. Ins­ge­samt kön­nen so mehr Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten mit dem glei­chen Auf­wand betreut wer­den. Das hat hand­fes­te öko­no­mi­sche Vor­tei­le. So ermög­li­chen Chat­bots per­spek­ti­visch umfang­rei­che­re oder zusätz­li­che Ange­bo­te für Ver­si­cher­te mit chro­ni­schen Erkran­kun­gen – sowohl als Behand­lungs­pro­gram­me von Kran­ken­kas­sen als auch in der Regel­ver­sor­gung.

Technische und ethische Hürden für Chatbots im Telemonitoring

Trotz die­ser Vor­tei­le bleibt der Ein­satz von Chat­bots im Tele­mo­ni­to­ring mit Ein­schrän­kun­gen ver­bun­den. Das Steu­ern von Inter­ven­tio­nen durch Chat­bots ist der­zeit tech­nisch noch nicht aus­ge­reift und benö­tigt wei­te­re Grund­la­gen­for­schung. Die­se Arbeit wird noch etwas Zeit in Anspruch neh­men. Der limi­tie­ren­de Fak­tor ist oft­mals die Ver­füg­bar­keit von Daten, mit denen eine KI ange­lernt wer­den kann. Durch die Betreu­ung von über 200.000 Pati­en­ten ver­fügt SHL Tele­me­di­zin über eine gro­ße Men­ge sol­cher Daten. Damit arbei­ten wir bereits an einer eige­nen KI für ein auto­ma­ti­sier­tes Tele­mo­ni­to­ring.

Tech­ni­sche Fra­gen sind aber nicht alles. Wenn Chat­bots in Zukunft tat­säch­lich The­ra­pie­ent­schei­dun­gen tref­fen kön­nen, heißt das noch nicht, dass die­se Funk­ti­on rou­ti­ne­mä­ßig zum Ein­satz kom­men darf. Fra­gen der Sicher­heit, der Ethik und der Regu­la­to­rik wer­den die Anwen­dung erheb­lich ein­schrän­ken. Spä­tes­tens dann, wenn Chat­bots mit­hil­fe von KI-Algo­ri­th­­men in die The­ra­pie ein­grei­fen, sind sehr stren­ge Vor­ga­ben zu erwar­ten.

Chatbots als Teil eines hybriden Telemonitoring

Auf dem Weg zum KI-gestüt­z­­ten Chat­bot ist noch viel Arbeit zu tun. Selbst wenn die Tech­no­lo­gie theo­re­tisch bereit ist, wird eine flä­chen­de­cken­de Ein­füh­rung schwer. Wegen der gro­ßen Vor­tei­le den­ke ich trotz­dem, dass Chat­bots sich als Teil eines hybri­den Tele­mo­ni­to­ring mehr und mehr eta­blie­ren wer­den – so wie es bei SHL Tele­me­di­zin schon jetzt der Fall ist. Das bedeu­tet, Chat­bots unter­stüt­zen Rou­ti­ne­auf­ga­ben, wäh­rend mensch­li­che Ansprech­per­so­nen kom­ple­xe Fra­gen und Inter­ven­tio­nen ver­ant­wor­ten. Die­se Rol­len­ver­tei­lung kann sich in Zukunft ver­schie­ben, wenn Chat­bots intel­li­gen­ter wer­den. Ganz erset­zen wer­den Chat­bots mensch­li­che Ansprech­per­so­nen in nächs­ter Zeit aber nicht. Men­schen sind ein­fach empa­thi­scher – und im Moment noch klü­ger.

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